AoxomoxoA

Aus DraWi
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AoxomoxoA ist ein sogenanntes Palindrom. Als Palindrom bezeichnet man Wörter, die von vorne und von hinten gelesen gleich bleiben. AoxomoxoA wird im Drachensport benutzt, um den Zustand zu bezeichnen, wenn sowohl Drachen wie Wind wie Pilot ein perfektes Zusammenspiel erreichen. Auch als 'transzendenter Zustand' bezeichnet.


Die Seele des Drachen

Lothar.Meyer, 1998


Überall auf der Welt ist am Ende von Drachenschnüren immer öfter der Begriff "AoxomoxoA" zu hören. Manchen ist er rätselhaft, andere nicken wissend, wenn man sie darauf anspricht, wieder welche schütteln nur den Kopf über den "AoxomoxoA-Quatsch". Hier ein paar Überlegungen, was das sein kann:

Die Sache hat einen Haken: Jemandem, der gar nichts mit Drachen am Hut hat, kann man AoxomoxoA nicht erkl�ren. Auch jemandem, der gerne Drachen fliegt, diesen Begriff nahezulegen, ist nicht ganz einfach. Und jemandem, der schon seit Jahren verliebt seinen Drachen am Himmel hinterher schaut, mu� man nichts �ber AoxomoxoA erz�hlen, denn er wei� es schon, selbst wenn er nie diesen Begriff geh�rt haben sollte...

Auf jeden Fall dies vorweg: Die Sache hat nichts mit Esoterik zu tun oder auch nur gerade soviel, wie jeder sich zugestehen m�chte. Die Sache hat genauso wenig mit Religion zu tun, es sei denn, man l��t Drachen steigen, um seinem Gott oder seinen G�ttern irgendwie n�her zu sein; aber auch dem steht AoxomoxoA wenigstens nicht im Wege.

Was also ist AoxomoxoA ?

Die Sache hat aber noch einen Haken: Um AoxomoxoA erkl�ren zu k�nnen (oder auch nur einen Eindruck von dem zu geben, was der Autor glaubt, da� AoxomoxoA sei), mu� man streng genommen erkl�ren k�nnen, worin die Faszination des Drachenfliegens �berhaupt begr�ndet ist.

Tennisspieler, Fu�baller und Briefmarkensammler haben es da leichter und k�nnen, Gruppenspa� oder auch blo� Zerstreuung angeben, alles Dinge, die so oder so auch auf den Drachensport zutreffen m�gen und vielen sicherlich als Begr�ndung schon gen�gen. Dennoch wird jemand, der seinen Drachen mit Leidenschaft am Himmel sieht, Vergleiche mit anderen Sportarten oder auch nur Freizeitbesch�ftigungen von sich weisen. Drachensteigen ist etwas Besonderes, keine Frage. Aber was ist das Besondere daran?

Was Drachensteigen sein kann, hat sehr sch�n und treffend Hans Snoek f�r den Berliner Erich Kr�ger in der September/Oktober-Ausgabe 1998 des Drachenmagazin formuliert: "Einleiner steigen zu lassen ist so etwas wie meditieren", erinnerte sich Kr�ger an ein langes Leben mit Drachen. "Es wirkt entspannend und beruhigend zugleich, das faszinierende Spiel mit dem unsichtbaren Wind. Man f�hlt sich dabei wie ein Kind, das seinen einfachen Spitzdrachen an viel zu dicker Paketschnur schlingernd �ber die Wiese zieht. Doch ich tr�ume dabei von gro�en H�hen und d�se einfach vor mich hin."

Kr�ger mag so jemand sein, der nie im Leben den Begriff AoxomoxoA vernommen hat; trotzdem hat er in wenigen Worten zusammengefa�t, was das Fliegen von Drachen bedeutet oder auch nur bedeuten kann. Dabei stecken die Weisheiten, die Kr�ger in schlichten Worten mitteilt, gleichsam versteckt zwischen den Zeilen.

Wenn Kr�ger etwa vom meditativen Charakter des Drachensteigen spricht, dann dr�ckt er mit einem leichten und verbreiteten Wort etwas sehr bedeutsames aus. In der westlichen Welt sind "Meditationen" im allgemeinen seit den 70er Jahren bekannt und verbreitet, als diese fern�stliche Technik der Konzentration und Entspannung insbesondere durch die Beat-Generation popul�r wurde. Dabei ist der Vorgang auch im Abendland durchaus traditionell, etwa bei mittelalterlichen M�chchen, die sich im Sinne einer Glaubens�bung in einer Meditation einem theologischen Problem n�herten. Die ber�hmte Erleuchtung des Franz von Assisi etwa wird auf eine solche Meditation zur�ckgef�hrt, auch der sp�te Goethe empfahl in seinem lebensres�mierenden Gedicht "Verm�chtnis", die Geheimnisse der Welt in seinem eigenen Inneren zu suchen.

Dabei ist im wesentlichen beiden Kulturkreisen eine grundlegende �hnlichkeit in der Technik der Meditation gemeinsam: In beiden F�llen versucht der Meditierende, sich in einen Zustand der betrachtenden Konzentration, der Kontemplation zu versetzen. Es geht nicht darum, angestrengt nachzudenken, aber auch nicht darum, die Gedanken haltlos treiben zu lassen. W�hrend Meditierende in Asien sich zu diesem Zweck zumeist an einem sogenannten "Mantra" festhalten, einem st�ndig im Geiste wiederholten Wort, dienten im christlichen Abendland oft einzelne Psalmen, religi�se Lehrspr�che oder Passagen der Bibel zu diesem Zweck.

Wenn wir heute einem Drachen am Himmel zuschauen, tun wir - meistens unbewu�t - genau das, was Meditierende immer schon taten: Wir richten unseren Blick und unsere Gedanken konzentriert auf diesen Punkt �ber uns und lassen unsere Gedanken dabei treiben. Ein Vorgang, der Kontemplation im Sinne des Wortes bedeutet: N�mlich "Betrachtung" schlechthin. Die Effekte der Mediation, die nicht selten durch �u�ere Ruhe, Entspannheit und Einsicht beschrieben werden, entstehen dabei sozusagen von selbst. Oder, wie Kr�ger es ausdr�ckt: "Es wirkt entspannend und beruhigend zugleich..."

Ein weiteres Wort verwendet Kr�ger, ein Wort, das oft und oft entschuldigend mit dem Steigenlassen von Drachen verbunden wird: Das des Spiels.

Nicht selten rechtfertigen sich gestandene Drachenkonstrukteure f�r ihre Leidenschaft mit einem lange verdr�ngten Spieltrieb oder alten Kindheitserinnerungen. Die Tatsache, da� man "spielt" scheint da vielen fast unangenehm zu sein, ist dies doch anscheinend ein Privileg der Kinder. Dabei ist - genau betrachtet - im Spiel ein interessantes R�tsel verborgen. Wir wollen versuchen, dieses R�tsel hier andeutungsweise zu l�sen - und werden dabei zwangsl�ufig Vereinfachungen anwenden m�ssen und viele Fragen, die sich ergeben k�nnten, unbeantwortet lassen.

Die klassische Naturwissenschaft ging lange Zeit davon aus, da� es auf eine Frage in letzter Konsequenz immer nur eine einzige richtige Antwort geben k�nnte. Diese an sich naheliegende Annahme funktioniert aber nur, sofern auch die Bedingungen, unter denen die Frage gestellt wird, stets die gleichen sind. Wir wissen, da� es auf die Frage: "Was passiert mit einem Stein, den ich loslasse?" nur eine richtige Antwort gibt. Aber was ist, wenn wir diese Frage einem Astronauten stellen, der sich gerade in der Schwerelosigkeit befindet? Die "Wahrheit" also scheint zumindest im physikalischen Sinne auch eine Frage des Systems zu sein, in dem man sich befindet.

Ein solches System etwa ist auch ein Atom, das nach einem g�ngigen Modell aus einem positiv geladenen Kern und negativ geladenen Teilchen, den Elektronen, besteht, die sich um den Kern herum bewegen. Der deutschen Physiker Werner Heisenberg versuchte die Position von Elektronen im Atom auf mathematischen Wege zu bestimmen und stellte (vereinfacht dargestellt) fest, da� dies nicht m�glich ist, da die Teilchen sich in einer solch hohen Geschwindigkeit bewegen, da� sie praktisch nirgends "wirklich" sind und doch �berall zugleich. Dieses Ph�nomen, in dem letztlich die Basis f�r jegliche Materie gegeben ist, benannte Heisenberg n�chtern als "Unsch�rferelation".

Eine �hnliche "Unsch�rfe" praktiziert die Natur, wenn sie neue Gattungen ausprobiert. Die Natur ist bekanntlich kein denkendes Wesen, das zielgerichtet eine bestimmte Entwicklung eines Organismus anstrebte, sondern sie testet willk�rlich verschiedene M�glichkeiten, um lebensf�higere oder auch nur besser an die Umgebung angepa�tere Organismen zu schaffen. Das Prinzip, nach dem die Natur hier verf�hrt, lie�e sich am besten so beschreiben: Die Natur probiert von einem gegebenen Mittelpunkt aus eine Variante in eine bestimmte Richtung. Wenn diese Richtung gut ist und sich als �berlebensf�hig herausstellt, nimmt sie diesen Punkt als neuen Mittelpunkt an und probiert von dort aus weiter. Wenn sich die Richtung als falsch erweist oder sich auch nur die Rahmenbedingungen �ndern, l��t die Natur diesen Organismus �ber fr�h oder sp�t verschwinden und probiert vom gegebenen Mittelpunkt aus eine neue Richtung. Die Natur "spielt" sozusagen mit Varianten.

Man ahnt, wir kommen der Sache n�her: Der niederl�ndische Drachenautor Harm van Veen fand in seinem 1996 erschienenen Buch "The Tao of Kite Flying" eine nette Formulierung f�r die Frage, warum ein Drachen �berhaupt fliegt: "Balance", meinte der kluge van Veen, "ist nur ein Moment der Perfektion. Stabilit�t ist mehr: Die st�ndige M�glichkeit, da� Balance nicht fern ist." Dieser Satz allein k�nnte so manchem, vom wechselnden Schicksal gebeutelten Zeitgenossen eine echte Lebensphilosophie und -hilfe sein, sie trifft dar�ber hinaus exakt die Idee des Spielens: Das scheinbar willk�rliche Umgehen mit M�glichkeiten, die den perfekten Zustand der Ruhe nicht kennen, sondern als Extrem umgehen. Solange wir leben, t�nzeln wir um diesen Zustand der Ruhe herum. Perfektion gibt es nicht, bestenfalls im platonischen Sinne des urspr�nglichen Ideals, von dem alle Varianten abgeleitet sind. Ebenso, wie das Elektron nie den Zustand der Perfektion an einem Punkt findet, ebenso, wie die Natur nie in einem Punkt der Ruhe verharren kann: Die st�ndige M�glichkeit, da� etwas geschieht, ist das Prinzip des Spiels - und des Lebens. Das Aufh�ren der M�glichkeit ist gleichbedeutend mit dem Tod.

So gesehen sind Menschen, die dem vagen Torkeln eines Drachen um einen imagin�ren Mittelpunkt zuschauen, - wieder meistens ohne es zu wissen - nahe dran an der Erkenntnis der inneren Gesetze des Lebens und der Welt, und sind Drachen in ihrem scheinbar willk�rlichem Spiel die besten Dokumente daf�r.

Nicht genug damit! Der gute Erich Kr�ger erweist sich zunehmend als echter Philosoph.

"Das Spiel mit dem unsichtbaren Wind", sagt er, sei es, was ihn fasziniere. Wieder spricht Kr�ger ein Ph�nomen an, das selten ist in der Welt der sichtbaren Dinge.

Der griechische Mathematiker Pythagoras ist Drachenkonstrukteuren wohl bekannt; hat doch schon so mancher �ber dem schlichten a� + b� = c� gegr�belt, wenn�s darum ging, irgendwelche Dreiecksproportionen auszurechnen. Manchen ist der Name auch noch aus einem anderen Zusammenhang gel�ufig: War es doch Pythagoras, der die Idee von den "Sph�renmelodien" entwarf. Die ebenso einfache wie letztlich unglaubliche Behauptung des griechischen Mathematikers: Wir sind von T�nen umgeben, von sph�rischen Melodien, die wir nur deshalb nicht h�ren, weil wir uns an ihre st�ndige Gegenwart gew�hnt haben. Das mag jemand, der schon 12 Jahre neben einer Hauptverkehrsstra�e wohnt, zwar best�tigen, indem er auch leicht behaupten wird, da� er diese Stra�e schon "gar nicht mehr h�rt", aber sonst d�rfte uns der Gedanke etwas fremd sein, von einem st�ndigen h�bschen Ges�usel umgeben zu sein, das wir sozusagen aus Gewohnheit �berh�ren.

Andererseits? Man denke einmal dar�ber nach. Gibt es nicht vieles, was uns nicht mehr bewu�t ist, weil wir es als st�ndig gegenw�rtig erleben? Ein Geruch, der st�ndig um uns herum ist, wird bekanntlich irgendwann ignoriert. Wenn die St�rke des Lichtes sich �ndert, passen sich unsere Augen den Verh�ltnissen an, so da� wir innerhalb bestimmter Grenzen immer das Gef�hl haben, es herrsche mehr oder weniger gleiches Licht.

Ganz �hnlich ist es mit dem Wind. Wind nimmt man meistens nicht wahr, sofern er sich nicht in den Extremen bewegt und zum Sturm ausartet. Den ganz normalen S�uselwind zwischen 1 und 4 Beaufort ignoriert man stillschweigend. Man sp�rt den Wind nicht. Man bemerkt ihn nicht (mehr). Man kann Wind nicht sehen, Wind ist, wie Kr�ger richtig sagt, unsichtbar. Und, soweit man sich nicht gerade mit Molekularphysik und Thermodynamik auskennt, begreift man so leicht auch nicht, was Wind �berhaupt ist. Man wei� zwar so ungef�hr, wie Wind entsteht, aber die Sache bleibt meistens theoretisch und ist nicht unmittelbar erfahrbar.

Die Augen messen das Licht, die Ohren messen den Schall, die Nase mi�t Ger�che und unser Zunge mi�t Geschmacksintensit�ten. Der Wind kann nur �ber unsere Haut wahrgenommen werden, die wir - eben drum - meistens bedecken.

Wir k�nnen die Farbe einer Abendd�mmerung h�bsch finden oder bestimmte Farbt�ne als h��lich. Wir unterscheiden zwischen sch�nen Kl�ngen und unsch�nen Kl�ngen. Wir finden, etwas schmeckt gut oder schlecht. Etwas "stinkt" oder "riecht gut". Aber wir unterscheiden meistens nicht zwischen "h�bschen Winden" und "h��lichen Winden", sofern wir uns nicht gerade auf eine Teamflugmeisterschaft vorbereiten.

Der Grund daf�r ist einfach und doch schwer nachvollziehbar: Wind wird als etwas wahrgenommen, was au�erhalb von uns existiert, als etwas objektives. Als eine Naturgewalt schlechthin. Lichteindr�cke, Farben, T�ne, Geschm�cker und Ger�che halten wir f�r subjektive, also lediglich durch unsere Wahrnehmung bestimmte Eindr�cke; dazu tr�gt bei, da� wir Licht, T�ne und Ger�che vornehmlich "in uns" wahrnehmen, n�mlich mit Rezeptoren, die innerhalb unseres K�rpers liegen, w�hrend wir Wind als senisitiven Eindruck nur auf dem K�rper, n�mlich an der Haut versp�ren.

Zwar sind im Grunde genommen auch Licht, Schall und Ger�che letztlich nichts anderes als "Naturgewalten", sprich Dinge, die wir in ihrer Entstehung meistens nicht beeinflussen k�nnen. Aber wir k�nnen sie in der Wirkung beeinflussen. Indem wir die Augen schlie�en, die Ohren oder Nase zuhalten, k�nnen wir solche �u�eren Wahrnehmungen wenigstens scheinbar unterdr�cken, dem Wind, der uns umgibt, k�nnen wir uns nicht entziehen, wir k�nnen bestenfalls vor ihm fl�chten, wenn er zu stark ist.

Wenn wir Drachen steigen lassen, dann gehen wir mit etwas um, �ber das wir keine Gewalt haben. Nicht wir entscheiden, ob Wind "da" ist oder nicht, und wir bestimmen erst recht nicht, von welcher Art dieser Wind ist. Und noch etwas tun wir, wenn wir mit dem Wind umgehen: Wir machen uns etwas bewu�t, was wir bis dahin - �hnlich der Sph�renmelodie - nicht wahrgenommen haben und wahrnehmen k�nnen: Es gibt Wind, und wenn wir unseren Drachen fliegen sehen, "erleben" wir Wind, machen Wind fa�bar f�r unsere Sinne. Wir h�ren das Sirren in der Schnur, wir sp�ren den sanft ruckenden Zug an der Haspel, wir sehen, wie sich der Drachen unter dem unsichtbaren Wind biegt. Die Sache ist also letztlich so faszinierend, als w�rde man ein besonderes H�rrohr haben, mit dem man die Sph�renmelodien h�ren k�nnte.

Erich Kr�ger ist nicht nur ein Philosoph, sondern auch ein Poet. "Ich tr�ume", sagt er, "von gro�en H�hen und d�se einfach vor mich hin".

Man k�nnte, wenn man wollte, diesen Satz im psychoanalytischen Sinne als "Projektion" oder "Transzendenz" bezeichnen: Kr�ger - und jeder andere einigerma�en feinsinnig gestimmte Drachengucker - stellt sich vor, an der Stelle des Drachen zu sein; er vertauscht seine durch die Schwerkraft an den Boden gebundene Existenz inklusive aller Dinge, die da so dran h�ngen - von schlecht gelaunten Chefs �ber allerhand unbefriedigte W�nsche bis hin zum Gedanken an die eigene Sterblichkeit - mit der scheinbar unbelasteten Existenz des Drachens, der unber�hrt von irdischem Mittelma� und Schwierigkeiten �ber den Dingen schwebt.

Ungebunden ist er nicht, und das ist gut so. F�r den Drachen ist die Bindung an den Boden bekanntlich ein flugentscheidendes Moment. Doch so betrachtet, ist die Schnur des Drachens keine Fessel, die ihn zur�ckh�lt, sondern der Lebensfaden, der ihn vor dem Absturz bewahrt. Wer w�rde seine diversen Fesseln im Leben, angefangen von der monatlichen Miete bis hin zum Lohnsteuerjahresausgleich, nicht auch gerne als Lebensf�den verstehen, die man so selbstverst�ndlich tr�gt, wie der Drachen seine Schnur!

Sehr sch�n und treffend hat das der japanische Dichter Maoto Ooka in seinem Gedicht "Sicht des Drachen" formuliert:

Da es H�nde gibt, die mich an die Erde fesseln, kann ich die Himmelstreppe erklimmen. Jedesmal, wenn ich meine Schulter sch�ttelnd gegen den Wind wende, werde ich St�ck f�r St�ck tiefer in den Himmelsscho� gesogen Da es H�nde gibt, die mich an die Erde fesseln, h�ngt die Erde an meiner Schnur.*

All jene, die bis zu dieser Stelle wacker durchgehalten haben und immer noch auf der Suche nach der Antwort auf die Frage "Was ist AoxomoxoA?" sind, haben etwas �berlesen, denn es stand hier l�ngst geschrieben. Damit all jene hier nicht ganz unbelohnt aus dem Heft aussteigen, noch ein paar technische Informationen zu dem Begriff:

Was "AoxomoxoA" konkret bedeutet, wei� niemand so recht. Erstmals verwendet wurde das Wort in den fr�hen 60er Jahren von dem amerikanischen K�nstler und Grafiker Rick Griffin, der mit seinem Covern von Schallplatten von Jimmy Hendrix und der Rockband "Grateful Dead" ber�hmt wurde. Bevor Griffin f�r diese Musiker arbeitete, war er als Zeichner f�r den amerikanischen Underground-Comic "Zap Comics" t�tig; in einem dieser Comics taucht das Wort "AoxomoxoA" als nicht weiter kommentierter Ausspruch eines au�erirdischen Monsters auf.

"AoxomoxoA" ist ein Palindrom, sprich man kann das Wort ebenso von hinten wie von vorne lesen, dabei kreist das Wort um das mittlere "m". H�chstwahrscheinlich geht der Begriff auf Erfahrungen von Rick Griffin mit psychedelischen Drogen zur�ck; ein synthetisches DNA-Protein mit der h�bschen Bezeichnung "11-mer dna duplex mit 7,8-dihydro-8-oxoadenine" wird in der Chemie jedenfalls als "Aoxo" abgek�rzt. Das "M" in der Mitte des Wortes k�nnte als Abk�rzung f�r "Mother" (Mutter) und damit als Symbol f�r Fruchtbarkeit. bzw. Leben stehen. Auf diese Interpretation deutet zumindest ein von Rick Griffin gestaltetes Plattencover der Rockband "Grateful Dead" hin, auf dem eine Figur zu sehen ist, die lediglich aus den Buchstaben AOXO gestaltet ist; der Kopf der Figur hat �hnlichkeit mit einen Penis, unmittelbar dar�ber ist eine gro�e Sonne abgebildet, die auch als weibliches Ei verstanden werden kann. Griffin selbst kann nichts mehr dazu erkl�ren, er starb vor einigen Jahren.

In die Drachenszene ist der Begriff von dem amerikanischen Drachenflieger Dean Jordan, genannt Mr. AoxomoxoA, eingef�hrt worden. Jordan behauptete einmal in der Internet-Newsgroup "rec.kites", als 13-j�hriger den besagten Comic gelesen und sich daraufhin den Begriff AoxomoxoA zu eigen gemacht zu haben - lange, bevor das Cover f�r "Grateful Dead" entstand.

Eine sch�ne Deutung, was AoxomoxoA sein kann, hat Andrew Beattie abgegeben:


Wenn Du Trickdrachen fliegst, um Wettbewerbe zu gewinnen, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du fliegst, um Freude und Spa� mit den Leuten zu haben, die Dir zuschauen, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn verwirrte Schn�re Dich nerv�s machen, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du Entspannung dabei empfindest, die Leinen zu entwirren, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn Du teure und seltene Drachen kaufst und sie an die Wand h�ngst, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du Drachen aus hand-bemaltem Washi-Papier den Elementen aussetzt, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn Du Dich abm�hst, der schnellste Buggy-Pilot im Land zu werden, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du davon tr�umst, mit Deinem Buggy im sanften Zephir gegen 2 Uhr morgens �ber ausgetrocknete Seen zu fahren, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn Du Drachen baust, um Geld zu sparen, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du n�hst, um neue Ideen auszuprobieren, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn Du Deinen Drachen keinem Fremden leihen w�rdest, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du bereit bist, alles, was Du fliegst, zu verlieren oder zu zerst�ren, findest Du vielleicht AoxomoxoA.


Wenn Du Spa� daran hast, laute Stunter-Drachen am Strand zu fliegen, wirst Du es nicht verstehen, aber wenn Du Gefallen an einem einfachen und zuverl�ssigen Einleiner-Delta findest, findest Du vielleicht AoxomoxoA.

Und? Gefunden?

Copyright: Lothar Meyer-Mertel 1998 (mitgeteilt von Dr. Paul Eubel)